Achtsamkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Achtsamkeit


Achtsamkeit (engl. mindfulness) ist eine besondere Form der Aufmerksamkeit. Du lenkst diese bewusst ins Hier und Jetzt. Dabei ist es wichtig, dass du die Situation nicht bewertest, also nicht denkst "mir geht es gerade nicht gut" oder "mir geht es richtig gut". Einzig der achtsame Umgang mit deinen bewussten Wahrnehmungen von Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen im Augenblick zählt. Du bist offen und vorurteilsfrei gegenüber dem, worauf du deine Aufmerksamkeit lenkst. Das soll dir dabei helfen, ein Selbstkonzept zu erarbeiten, mit dem du Resilienzen aufbauen kannst. Resilienz wird als psychische Widerstandskraft bezeichnet und hilft dir dabei, mit herausfordernden Situationen gut zurechtzukommen. 

In der Achtsamkeit beobachtest du eigentlich nur und gibst deinem Wahrgenommenen keine Bedeutung – du kategorisierst und interpretierst den Moment nicht. Daraus folgt, dass du in dem Zustand der gezielten Aufmerksamkeit auch nicht reagieren darfst. Klingt simpel, ist aber gar nicht so einfach!

Woher kommt das Konzept?

Das Konzept der Achtsamkeit ist seit einigen Jahren in den Fokus der Stressbewältigung gerückt. Die Herausforderungen einer immer schneller voranschreitenden Welt gehen einher mit Stress, Depressionen und Burnout. Der Fokus auf den Augenblick entschleunigt und führt zu einem bewussteren Selbstkonzept. Die Achtsamkeit ist dennoch keine Idee der digitalisierten Postmoderne, sondern geht auf den Buddhismus zurück. „Sati“ beschreibt das buddhistische Wort für Achtsamkeit und bedeutet in etwa „Die Absicht des Geistes“ (Chang-Gusko 2019, 5). Siddharta Gautama, der Begründer des Buddhismus, soll das Konzept der Achtsamkeit beschrieben haben als:

„Das Gesehene soll lediglich ein Gesehenes sein, das Gehörte lediglich ein Gehörtes, das durch die drei anderen Körpersinne Empfundene lediglich ein so Empfundenes und das Erkannte lediglich ein Erkanntes" – Siddharta Gautama (zitiert nach Thera 1989, 4)

In den letzten Jahren ist die Achtsamkeit auch von großem Interesse für die psychologische Forschung, vor allem auch im Hinblick auf die Stressbewältigung. Mit der „Stressbewältigung durch Achtsamkeit“ (Mindfulness Based Stress Reduction, MBSR) sollen Verhaltens- und Reaktionsmuster aufgebrochen werden, um Resilienzen aufbauen zu können.

Was sagt die Forschung über Achtsamkeit?

Laut der Weltgesundheitsorganisation ist Stress eine der größten Gefahren für die mentale Gesundheit. Auch in einer Studie der Techniker Krankenkasse wird deutlich, dass circa 60% der Befragten in Deutschland häufig Stress empfinden (vgl. TK 2016, 9). In allen Bereichen des Lebens können wir gestresst sein, doch vor allem im Studium ist Stress an der Tagesordnung von Studierenden. In der Befragung von 2018 unter RPTU-Studierenden berichten hier an der Uni knapp 30% von einem hohen Stresserleben (Lesener et al., 2018). Damit liegt der Prozentteil über dem deutschlandweiten Durchschnitt von gut 25% (Grützmacher et al., 2018). Stress ist damit ein sehr relevanter Gesundheitsbereich, dem aktiv begegnet werden sollte.

Studien zur Wirksamkeit von Achtsamkeitsübungen gibt es in verschiedenen Kontexten. Ein Verfechter für das Konzept der Achtsamkeit ist der amerikanische Professor Jon Kabat-Zinn, der Achtsamkeit vor allem im klinischen Umfeld getestet und angewandt hat. Für die Stressreduktion der Studierenden durch gezielte achtsame Übungen gibt es auch schon einige Studien. Eine Metaanalyse (2017) fasst 19 Studien zusammen, in denen die Effektivität von achtsamkeitsbasierten Trainings bei Studierenden aus dem Bereich Medizin und anderen Gesundheitsbereichen untersucht wurde. Die Meta-Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass achtsamkeitsbasierte Interventionen einen positiven Einfluss auf Stress, Angst und Depression haben und gleichzeitig die Stimmung, die Selbstwirksamkeit, die Empathie und die Achtsamkeit verbessern (vgl. McConvile, McAleer & Hahne, 2017). Und auch eine andere Meta-Analyse, die 51 Studien beleuchtet, kommt zu dem Schluss, dass achtsamkeitsbasierte Interventionen z.B. Faktoren wie Stress, Angst, Depression und das Wohlbefinden verbessern können. Im Vergleich zu anderen Interventionen wie beispielsweise Entspannungs- und Atmungstechniken oder auch Ernährungs- oder Sportprogramme weisen achtsamkeitsbasierte Interventionen einen stärkeren positiven Effekt auf Stress oder Angst auf, bei Faktoren wie Depression und Wohlbefinden kommen die unterschiedlichen Interventionen zu ähnlichen Effekten (vgl. Dawson et al., 2019) . Auch andere Studien weisen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Implementierung von Achtsamkeit im Studierendenalltag und der Stressreduktion vor (vgl. Krautz 2019, 182).

Die Studienlage bestätigt damit, dass Achtsamkeit sehr hilfreich und sinnvoll sein kann. Testet selbst, ob Achtsamkeitsübungen auch euch helfen, mit dem Stress im Unialltag umzugehen. Nachfolgend stellen wir dir zwei Übungen vor, die du bequem von zu Hause oder auch in der Bibliothek anwenden kannst. Sozusagen Achtsamkeit to go!

FACTS

Körperwahrnehmung & Meditation

Körperwahrnehmung bezeichnet die Fähigkeit, seinen Körper und seine Bewegungsmöglichkeiten einschätzen zu können und mit allen Sinnen wahrzunehmen. Diese wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, z.B. von visuellen und akustischen Fähigkeiten, Kommunikationsprozessen oder auch der sozialen und emotionalen Entwicklung. Es geht dabei auch um ein Bewusstsein der Beziehung zwischen Körper und Geist.

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Atmung

Wir atmen durchschnittlich 12 bis 18 Atemzüge pro Minute. Wir denken meist gar nicht drüber nach, auch nicht ob wir eine Brust- oder Bauchatmung oder eine Kombination aus beidem machen. Meistens ist es eine Kombination aus beidem, aber was sind die Unterschiede der beiden Techniken und gibt es Vorteile?

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Apps & Podcasts

Wir haben verschiedene kostenfreie Achtsamkeits-Apps, die sowohl auf Android als auch auf IOS funktionieren, getestet. Zusätzlich haben wir in verschiedene Podcasts zu dem Thema reingehört.

Weitere Infos


Amberg, M. (2016). Führungskompetenz Achtsamkeit. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Chang-Gusko, Y.-S. (2019). “Geschichte und Definitionen von Achtsamkeit.” In Achtsamkeit in Arbeitswelten. FOM-Edition, Hrsg.: Yong-Seun Chang-Gusko, Judith Heße-Husain, Manfred Cassens and Claudia Meßtorff. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 3–22.

Chang-Gusko, Y.-S-, Heße-Husain, J., Cassens, M., and Meßtorff, C. (Hrsg.) (2019). Achtsamkeit in Arbeitswelten. FOM-Edition. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Dawson, A., Anderson, J., Jones, P. & Galane, J. (2019). Mindfulness-Based Interventions for UNiversity Students: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomised Controlled Trials. Applied Psychology: Health and Wellbeing,12 (2), S. 384-410.

Frey, D. (2016). Psychologie der Werte. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.

Grützmacher, J.; Gusy, B.; Lesener, T.; Sudheimer, S.; Willige, J. (2018). Gesundheit Studierender in Deutschland 2017. Ein Kooperationsprojekt zwischen dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, der Freien Universität Berlin und der Techniker Krankenkasse

Krautz, B. (2019). “Achtsamkeit an Universitäten und Hochschulen – Frühzeitiger Zugang zu Stressregulation und Persönlichkeitsentwicklung.” In Achtsamkeit in Arbeitswelten. FOM-Edition, eds. Yong-Seun Chang-Gusko, Judith Heße-Husain, Manfred Cassens and Claudia Meßtorff. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 179–94.

Kuschel, H. (2016). “Achtsamkeit.” In Psychologie der Werte, ed. Dieter Frey. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 13–24.

Lesener, T., Blaszcyk, W., Gusy, B. & Sprenger, M. (2018). Wie gesund sind Studierende der Technischen Universität Kaiserslautern? Ergebnisse der Befragung 06/18 (Schriftenreihe des AB Public Health: Prävention und psychosoziale Gesundheitsforschung: Nr. 02/P18). Berlin: Freie Universität Berlin.

Löhmer, C. & Standhardt, R. (2018). Timeout statt Burnout: Einübung in die Lebenskunst der Achtsamkeit. 7. Auflage. Stuttgart: Klett-Cotta. 

McConville, J., McAleer, R. & Hahne, A. (2017). Mindfulness Training for Health Profession Students - The Effect of Mindfulness Training on Psychological Well-Being, Learning and Clinical Performance of Health Professional Students: A Systematic Review of Randomized and Non-randomized Controlled Trials. Explore, 13 (1), S. 26-45.

Schnetzer, R., (Hrsg) (2014). Achtsame Selbsterkenntnis. essentials. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Schnetzer, R. (2014). “Begriffe.” In Achtsame Selbsterkenntnis. essentials, ed. Ronald Schnetzer. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 3–12. Schrör, Torsten, ed. 2016. Führungskompetenz durch achtsame Selbstwahrnehmung und Selbstführung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Schrör, T., (2016). “Achtsamkeit.” In Führungskompetenz durch achtsame Selbstwahrnehmung und Selbstführung, Hrsg: Torsten Schrör. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 27–35.

Techniker Krankenkasse (2016). Entspann dich, Deutschland - TK Stressstudie 2016. Zugriff am 17.02.20 unter https://www.tk.de/resource/blob/2026630/9154e4c71766c410dc859916aa798217/tk-stressstudie-2016-data.pdf.

Thera, N., (1989). Satipatthana: Achtsamkeit und Wissensklarheit. Zugriff am 02.02.20 unter www.palikanon.com/diverses/satipatthana/satipatt_03.html.

Weiss, H., Harrer, M. & Dietz, T. (2019). Das Achtsamkeitsbuch. Grundlagen, Übungen, Anwendungen. Stuttgart: Klett-Cotta.

Weiss, H., Harrer, M. & Dietz, T. (2012). Das Achtsamkeitsübungsbuch für Beruf und Alltag. Stuttgart: Klett-Clotta.