Bewegungsanalysen an Gang und Darm - Frühdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen über Motilitätsanalyse des Darmes

Motorische Veränderungen sind eine der Kardinalsymptome bei Patienten mit M. Parkinson. Sowohl der Gang, als auch die Feinmotorik und Mimik sind deutlich eingeschränkt. Dies ist allerdings erst der Fall, wenn bereits ein Großteil der betroffenen Nervenzellen in den Basalganglien des Gehirnes abgestorben sind. Dies bedeutet auch, dass es für eine kausale Therapie zu spät ist. Interessanterweise zeigen sich bei vielen Parkinsonpatienten bereits gastrointestinale Symptome lange bevor die Patienten hinsichtlich ihrer bewegungsmotorischen Fähigkeiten eingeschränkt sind, bzw. die Krankheit sicher diagnostizierbar ist. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Magen-Darm-Trakt bei diesen Patienten betroffen, lange bevor sich andere Symptome zeigen. Tatsächlich konnten in Darmbiopsien von Parkinsonpatienten in Nervenzellen des Darmes sogenannte Lewi-Bodies gefunden werden, Aggregate des pathologischen Peptids Synuclein1. Prinzipiell sind bei Parkinsonpatienten das Mikrobiom und Marker für die Qualität der Schleimhautbarriere verändert2,3. In einem Mausmodell der Parkinsonerkrankung wurden junge und alte Mäuse einer Bewegungsanalyse auf einem "Cat-Walk" unterzogen. Die Mäuse laufen auf einer beleuchteten Glasplatte, so dass die Fußabdrücke automatisch erfasst und analysiert werden können. Es lassen sich Schrittlänge, Geschwindigkeit und eine ganze Reihe anderer Parameter erfassen. Bei diesen Untersuchungen zeigte sich eine deutliche Verlangsamung der meisten Parameter bei den alten kranken Tieren, während bei den 2 Monate alten Tieren keine signifikanten Veränderungen zu sehen waren. Bei den jüngeren Tieren wurden sowohl Dünn- als auch Dickdarm entnommen und jeweils 3 cm lange Darmsegmente in einem Organbad perfundiert4. Der Darm bewegt sich im Organbad autonom weiter und die Bewegung kann kontinuierlich über ein Videorecording aufgezeichnet werden. Über relevante Darmabschnitte kann ein virtueller Rahmen gelegt und jeweils eine obere und untere virtuelle Punktreihe angelegt werden. Die Punktreihen markieren den Hell-Dunkel-Kontrast und werden über den Messzeitraum hinweg erfasst. Aus der Differenz der oberen und unteren Punktreihen werden die jeweiligen Darmdurchmesser orts- und zeitaufgelöst ermittelt. Die Daten werden von oral nach aboral farbkodiert aufgetragen. Um so dunkler die Farbe, um so stärker die Kontraktion. Es lassen sich zusätzlich mathematisch Frequenz und Geschwindigkeit der Kontraktionspropagation ermitteln. All diese Werte sind bei den Parkinsonmäusen (psA30P) stark verändert.  

Literaturliste (APA):

1: Braak, H., De Vos, R. A. I., Bohl, J. & Del Tredici, K. Gastric α-synuclein immunoreactive inclusions in Meissner’s and Auerbach’s plexuses in cases staged for Parkinson’s disease- related brain pathology. Neurosci. Lett. (2006) doi:10.1016/j.neulet.2005.11.012.

2:Unger MM, Spiegel J, Dillmann KU, Grundmann D, Philippeit H, Bürmann J, Faßbender K, Schwiertz A, Schäfer KH. Short chain fatty acids and gut microbiota differ between patients with Parkinson's disease and age-matched controls. Parkinsonism Relat Disord. 2016 Aug 26. pii: S1353-8020(16)30323-6. doi: 10.1016/j.parkreldis.2016.08.019. PMID: 27591074

3: Schwiertz A, Spiegel J, Dillmann U, Grundmann D, Bürmann J, Faßbender K, Schäfer KH, Unger MM.Fecal markers of intestinal inflammation and intestinal permeability are elevated in Parkinson's disease. Parkinsonism Relat Disord. 2018 May;50:104-107. doi: 10.1016/j.parkreldis.2018.02.022.

4: Schreiber D, Jost V, Bischof M, Seebach K, Lammers WJ, Douglas R, Schäfer KH. Motility patterns of ex vivo intestine segments depend on perfusion mode. World J Gastroenterol. 2014 Dec 28;20(48):18216-27. doi: 10.3748/wjg.v20.i48.18216.